Nach Familiendrama an der Hohen Wand (1132m)

So begehen Sie versicherte Steige

Das tragische Familienunglück am "Springlessteig" an der Hohen Wand (1132m) vergangenen Sonntag, bei der ein Vater mit seinem dreijährigen Sohn zu Tode kamen, hat neben großer Betroffenheit auch Unverständnis ausgelöst. Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) gibt Empfehlungen für ein möglichst sicheres Abenteuer auf den immer beliebteren Steigen.

So begehen Sie versicherte Steige
Blick auf den westlichen Teil der Hohen Wand (1132m) in den Gutensteiner Alpen.
Blick auf den westlichen Teil der Hohen Wand (1132m) in den Gutensteiner Alpen.

Die Hohe Wand in den Gutensteiner Alpen ist ein beliebtes Ausflugsziel. Auf das 1132 Meter hohe Karstplateau in Niederösterreich führen viele einfache Aufstiegswege. Einer davon ist der "Springlessteig", ein mit einer Leiter, Stahlbügeln und -seilen versicherter Anstieg, der für Kinder und Jugendliche in vielen Führern als "sehr gut geeignet" und "ungefährlich" charakterisiert wird.

Am vergangenen Sonntag war hier auch eine vierköpfige Familie aus Wien unterwegs. Die beiden 36-jährigen Eltern und ihre zwei Söhne - 5 und 3 Jahre alt - befanden sich im Abstieg vom Hubertushaus, als der ältere der beiden Jungen höchstwahrscheinlich unter einem Seilgeländer durchschlüpfen konnte und abstürzte. Der Vater versuchte noch nach seinem Sohn zu greifen, verlor dabei selber das Gleichgewicht und stürzte mit dem jüngeren Bruder des Verunglückten, den er in einer Kinderkraxe auf den Rücken trug, ebenfalls in die Tiefe.

Mahnt Eltern zur besonderen Vorsicht: Michael Larcher vom ÖAV.
Mahnt Eltern zur besonderen Vorsicht: Michael Larcher vom ÖAV.

Während der Fünfjährige wenig später mit schweren Verletzungen von der Bergrettung geborgen und in ein Krankenhaus ausgeflogen werden konnte, kam für den Vater und seinen dreijährigen Sohn jede Hilfe zu spät - beide starben noch an der Unfallstelle.

Neben all der Bestürzung und Fassungslosigkeit, die das Familiendrama in der Öffentlichkeit ausgelöst hat, mehren sich nun auch kritische Stimmen. Hätte das Unglück verhindert werden können? Inwieweit tragen die Eltern Schuld an dem schrecklichen Unfall? Haben Kinder auf Klettersteigen überhaupt etwas verloren?

"Diesen Fall aus der Ferne zu beurteilen, steht aber niemandem zu", mahnt Michael Larcher. Aus gegebenen Anlass möchte der Leiter der Bergsportabteilung im Österreichischen Alpenverein (ÖAV) Familien mit Kindern aber dennoch einige Empfehlungen mit auf den Weg geben.

Schon ein kleiner Fehler kann Lebensgefahr bedeuten

"Der Alpenverein rät sicher nicht davon ab, mit Kindern die Herausforderung auf Klettersteigen zu suchen. Es muss aber klar sein, dass das Klettersteiggehen immer auch mit einem Absturzrisiko verbunden ist: Bereits bei einem kleinen Fehler oder mangelhafter Ausrüstung besteht Lebensgefahr! Am Klettersteig und auch auf versicherten Wegen müssen Erwachsene ihre Schützlinge intensiv betreuen und gegebenenfalls zusätzlich sichern. Eine Eins-zu-Eins-Betreuung ist notwendig, um auf das Kind eingehen zu können und es entsprechend anzuweisen, schwierigere Passagen konzentriert und achtsam zu überwinden", so Larcher.

Kinder bei Tourenplanung mit einbeziehen

Schon bei der Tourenplanung sollten Eltern überlegen, ob der geplante Klettersteig für das Kind tatsächlich geeignet ist. Sowohl Klettersteigtyp und Schwierigkeit, als auch Länge und Rahmenbedingungen sollten in Betracht gezogen werden. "Wir Erwachsenen sind gefordert, die eigenen Gipfelziele hintanzustellen und unser Programm wirklich an die Jüngsten anzupassen. Für sie ist noch viel mehr der Weg das Ziel, nicht das Gipfelkreuz am Ende der Wanderung."

Ausgesetzte Stellen können zusätzlich gesichert werden

"Jedes Kind ist anders und Eltern können wohl am besten einschätzen, was ihrem Sprössling zuzumuten ist, und was nicht. So kann ein Sechsjähriger schon trittsicher unterwegs sein, während ein Zehnjähriger noch unsicher ist und leicht stolpert. In beiden Fällen sollten ausgesetzte Stellen an Wanderwegen oder Klettersteigen mit Vorsicht genossen werden."

Und Larcher weiter: "Wer mit Kindern unterwegs ist und auf Nummer sicher gehen will, sollte einen kindergerechten Klettergurt und ein Seilstück im Rucksack haben, um das Kind an absturzgefährdeten Stellen zu sichern - auch dann, wenn noch kein Klettersteigset vonnöten ist. Beim durchgehend mit Drahtseil versicherten Klettersteig ist die Selbstsicherung mit Klettersteigset ohnedies Standard. Sich das notwendige Wissen und Können in der Sicherungstechnik anzueignen - am besten in einem Alpenvereinskurs - ist natürlich unumgänglich."

Quelle: Pressemitteilung ÖAV / oa24.at / meinbezirk.at / sueddeutsche.de