Simon Gietl und Marc Artesi meistern berühmte Route an den "Drei Zinnen"

Winterbegehung von "Das Phantom der Zinne"

Die von Christoph Hainz und Kurt Astner im August 1995 erstbegangene Route durch die Norwand der "Großen Zinne" gilt als eine der schwersten Klettertouren an den "Drei Zinnen": 17 Seillängen , überwiegend im VIII Grad mit Stellen IX+, dabei meist senkrecht bis überhängend. Heinz und Astner hatten für die Eröffnung der Route ganze sechs Tage gebraucht. Simon Gietl (25) und Marc Artesi (18) besiegten jetzt das "Phantom" in sieben Stunden - und im Winter!

Winterbegehung von "Das Phantom der Zinne"

Hier schildert Simon Gietl aus dem Salewa alpineXtrem-Team diesen besonderen Tag:

Ganz real: Simon Gietl in "Das Phnatom der Zinne" (Foto: Marc Artesi).
Ganz real: Simon Gietl in "Das Phnatom der Zinne" (Foto: Marc Artesi).

Vor einigen Tagen rief mich mein Freund Reinhard Hones an um sich bei mir über die Verhältnisse an der Großen Zinne zu informieren. Anfangs dachte ich mir noch nichts weiter dabei und da auch ich in den kommenden Tagen vor hatte, dieser Gegend einen Besuch abzustatten, tauschten wir uns rege aus.

Große Ohre bekam ich dann, als er mir mitteilte, dass er eine Winterbegehung plante und mit dem Begriff "Phantom der Zinne" war alles gesagt: nämlich zwei Köpfe, ein Gedanke! Das Wochenende nahte und da ich von Reinhard nichts mehr gehört hatte, stieg ich zum Lagecheck Richtung "Drei Zinnen" hoch.

Bei der Inspizierung der Nordwand stellte ich die Anwesenheit zweier Kletterer fest: "Das muss Reinhard sein", so lauteten meine ersten Gedanken, "...wer zuerst kommt, mahlt zuerst!"

Drei Tage nachdem Reinhard Hones (22 Jahre) und Martin "Wusel" Schindele (22 Jahre) eine vollständige Winterbegehung mit Übernachtung im Portaledge der Nordwandroute "Phantom der Zinne" für sich verbuchen konnten, begaben sich mein Seilpartner Marc Artesi (18) und ich, Simon Gietl (25) zum Einstieg derselbigen.

Unser Ziel: eine möglichst schnelle Begehung der 17 Seillängen zählenden Route. Getreu dem Motto - weniger ist mehr - folgend, nahmen wir die durchwegs überhängende Route ins Visier. Für das leibliche Wohl in der Wand sorgten ein Halbliter zum Trinken und eine Hand voll Müsliriegel, Biwak war von vornherein nicht geplant.

"Je schneller desto wärmer!"

Eine Norwand im Winter: Simon Gietl freut`s! (Foto: Marc Artesi).
Eine Norwand im Winter: Simon Gietl freut`s! (Foto: Marc Artesi).

Um 6.45 Uhr erreichten Marc und ich leicht schwitzend den Einstieg mit den Ski. Ohne Zeit zu verlieren, stiegen wir um 7:00 Uhr ein und der Gedanke "Je schneller desto wärmer!" trug dazu bei, dass wir nach 2h 10min das Biwakband der Hasse/Brandler erreichten.

Ein kurzes Päuschen später ging es dann sofort wieder weiter: nur noch 5 steile Seillängen dann, wird die Wand etwas geneigter und leichter. Um noch leichter zu sein, ließen wir den Rucksack inkl. Reservejacke und Stirnlampe nach der Schlüsselseillänge am Stand hängen.

14:30 Uhr konnte ich meiner Armbanduhr entnehmen, und das Ringband war erreicht…und schon ging es nach einem kräftigen Händedruck weiter. Weiter? Nein, besser gesagt wieder runter, nämlich über dieselbe Route.

Nach einer über zweistündigen Abseilaktion verließen wir die Vertikale und standen mit beiden Beinen fest im Leben beziehungsweise in der Bindung und fuhren mit den Skiern zurück zum Auto, welches wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichten.

Text: Simon Gietl