Streitfall

Klage gegen Beschneiungsanlage am Sudelfeld

Am Donnerstag, den 15. Mai, haben der BUND Naturschutz (BN) und der Deutsche Alpenverein (DAV) mit Unterstützung von fünf weiteren Naturschutzorganisationen Klage beim Verwaltungsgericht München eingereicht gegen die massive Ausweitung und staatliche Förderung der künstlichen Beschneiung im oberbayerischen Skigebiet Sudelfeld.

Klage gegen Beschneiungsanlage am Sudelfeld
Gemeinsame Sache: Dr. Ulrich Kaltenegger, Philipp Sausmikat (DAV), Prof. Hubert Weiger, Kurt Schmid (BN-Regionalreferent), Dr. Axel Döring (Vizepräsident CIPRA D) (v.li. / Foto: Andreas Erkens).
Gemeinsame Sache: Dr. Ulrich Kaltenegger, Philipp Sausmikat (DAV), Prof. Hubert Weiger, Kurt Schmid (BN-Regionalreferent), Dr. Axel Döring (Vizepräsident CIPRA D) (v.li. / Foto: Andreas Erkens).

Im April diesen Jahres hatte das zuständige Landratsamt Weilheim noch unter der Leitung des mittlerweile ausgeschiedenen Skandal-Landrats Jakob Kreidl (CSU) die entsprechenden Genehmigungen erteilt. Die beinhalten den Bau eines Speicherbeckens mit 155 000 Kubikmetern Fassungsvermögen (130 x 140 m Kantenlänge, also eine Fläche von 3,2 ha), 17 Kilometer neue Leitungen sowie 250 neue Schneekanonen und -lanzen. Für deren Installation seien so "umfangreiche Erdbewegungen wie noch nie" bei so einem Projekt verbunden, kritisieren die Kläger.

Die Allianz der Naturschutzorganisationen - bestehend aus BN, DAV, CIPRA Deutschland, Gesellschaft für ökologische Forschung e.V., Mountain Wilderness Deutschland, den Naturfreunden Deutschlands und dem Verein zum Schutz der Bergwelt - sieht mit den Ausbauplänen "eine rote Linie überschritten" und befürchtet nun ein "Wettrüsten" in den Skigebieten des bayerischen Alpenraums. Zum Nachteil der Natur.

Der Vorsitzende des BN, Prof. Hubert Weiger, betitelte das Projekt bei einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag als "Höhepunkt der systematischen Zerstörung und Hinrichtung der Alpen" und fügte hinzu, das Wettrüsten mit Schneekanonen in den bayerischen Skigebieten sei sinnlos und kurzsichtig. Philipp Sausmikat, DAV-Vizepräsident und Bundesjugendleiter, geht noch einen Schritt weiter und sagt: "Das geht über alle hierzulande bekannten Dimensionen hinaus und hat Signalwirkung für die gesamte Region. Deshalb haben wir uns bewusst entschieden, (…) den gerichtlichen Weg einzuschlagen." - zum ersten Mal in der 145-jährigen Geschichte des DAV übrigens.

Sausmikat ergänzt: "Das ist ein Präzedenzfall. Es ist wichtig, dass wir jetzt ein klares Zeichen setzen. Denn was dort passiert, ist kurzfristiger Aktionismus und greift nur für eine Generation. Er fügt hinzu: "Der Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV) stößt es sauer auf, dass eine achtstellige Summe in die Umweltzerstörung investiert werden soll, dafür dass dort für nachfolgende Generationen kein Tourismuskonzept vorhanden ist. Gleichzeitig streicht der Freistaat Bayern Lehrerstellen. Das hat nichts mit nachhaltigem Tourismus zu tun und auch nichts mit Generationengerechtigkeit." Daher hat sich die Allianz der Kritiker für den Weg der Klage entschieden - mit allen Konsequenzen.

Und wer zahlt's?

Am Sudelfeld: Die Bagger sind schon da (Foto: Steffen Reich / DAV).
Am Sudelfeld: Die Bagger sind schon da (Foto: Steffen Reich / DAV).

Die Kosten des Ausbaus am Sudelfeld von bis zu 45 Millionen Euro sind nach einer Entscheidung des Bayerischen Landtags vom 7. Mai nun sogar staatlich bezuschussbar - mit bis zu 35 %, also ca. 13-16 Mio. Euro. Allerdings liegt ein konkreter, entscheidungsreifer Förderantrag laut Wirtschaftsministerium zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.

Nur zur Relation: Die Bayerische Staatsregierung gibt laut Prof. Huber derzeit rund ein Drittel dieser Summe für den Naturschutz aus - in ganz Bayern wohlgemerkt. Und die im Raum stehende Fördersumme sei etwa 15 mal so hoch wie die Summe, die der Freistaat Bayern derzeit für den Waldschutz ausgebe, so Huber weiter.

Klage ja, aber auf welcher Basis?

Das Haupt-Argument für die Klage lautet: öffentliches Interesse. Denn der mit der Klage betraute Rechtsanwalt Dr. Ulrich Kaltenegger erklärte, die Baugenehmigung verstoße gegen die gültigen Landschaftsschutzverordnungen und den gesetzlichen Biotopschutz. Der Genehmigungsbescheid des Landratsamtes hingegen behauptet, die beabsichtigte Kunstschneeerzeugung sei aus Gründen des überwiegenden Öffentlichen Interesses notwendig, weshalb der Landschaftsschutz nachrangig sei.

Bisher sei bei Bauten von Mountainbike-Trails, Sommerrodelbahnen und anderen Anlagen immer der Biotopschutz berücksichtigt worden, so Kaltenegger. Wenn nun öffentliches Interesse an einer Kunstschneeerzeugung als Baugrund ausreiche, dann wird es zukünftig eine Vielzahl an Bauten über Biotopen geben, befürchtet Kaltenegger. Die Chancen für die Klage sieht der Jurist als durchaus positiv.

Nicht nachvollziehbar sei die Anordnung des Sofortvollzugs, auf deren Basis die Bauarbeiten bereits begonnen haben. "Wir werden außerdem versuchen, durch Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht einen Baustopp zu erreichen, um die Schaffung weiterer vollendeter Tatsachen zu verhindern", fasst Kaltenegger die Rechtsmittel zusammen.

Text: Andreas Erkens / ALPIN