Nuptse Expedition 2012

Kaltenbrunner und Göttler: Erfolg am Nuptse

Anfang Mai mussten Gerlinde Kaltenbrunner und David Göttler wegen heftiger Schneefälle noch am Nordpfeiler des Nuptse (7861m) kapitulieren, jetzt sind die beiden Extrembergsteiger für ihre Ausdauer belohnt worden. Hier lesen Sie Gerlinde Kaltenbrunners Gipfelbericht in leicht gekürzter Fassung.

Kaltenbrunner und Göttler: Erfolg am Nuptse
Starkes Team: David Göttler und Gerlinde Kaltenbrunner (Foto: David Göttler).
Starkes Team: David Göttler und Gerlinde Kaltenbrunner (Foto: David Göttler).

Liebe Freunde,

in den letzten Tagen hat sich für uns viel ereignet. Eine sehr spannende, anstrengende, wunderschöne Zeit liegt hinter uns. Am 17. Mai um 13.00 Uhr standen David und ich am Gipfel des Nuptse. Ein lange gehegter Wunsch ist in Erfüllung gegangen.

Aber alles der Reihe nach. Tagelang warteten wir im Basislager auf wind - und schneearme Tage, die wir für einen zweiten Versuch, den Nuptse zu besteigen, nützen wollten.

Endlich war es soweit. Am 14. Mai stiegen David und ich nach Lager II auf und von dort am darauffolgenden Tag weiter zum Pfeilerfuß. Der 16. Mai sollte unser Gipfeltag werden. Mit Ralf standen wir zweimal täglich in Kontakt, der uns kurzfristig empfahl, doch lieber auf den 17. Mai zu warten. Dieser Tag sähe windärmer und insgesamt stabiler aus. So warteten wir am 16. Mai am Wandfuß die ersten Sonnenstrahlen ab, packten unsere Rucksäcke und stiegen in die Nordpfeiler Route ein. Wir hatten umdisponiert und entschieden uns für ein weiteres Biwak auf ca.7250 m.

Der Pfeiler im unteren Teil ist sehr ausgesetzt und mit viel Blankeis durchzogen. Hochkonzentriert kletterten wir am laufenden Seil Meter für Meter höher. Ca. alle 20 Meter setzten wir eine Eisschraube und kamen dadurch sicher und stetig voran. Am oberen Ende des Eispfeilers steilt sich die Route über 20 Meter noch einmal ziemlich auf; dann hatten wir gut ein Drittel geschafft und beschlossen, bei einsetzendem Schneefall und kaum Sicht einen Biwakplatz einzurichten.

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Ohne viele Worte waren David und ich uns einig. Wir gruben, hackten und arbeiteten, bis unser kleines Zelt wieder an einsamer, ausgesetzter Stelle dastand wie auf einem Adlerhorst.

Nach dem stundenlangen, steilen, anspruchsvollem Aufstieg, fühlten wir die Müdigkeit. Die schweren Rucksäcke, das ständige gegenseitige sichern, hohe Konzentration, das alles machte sich bemerkbar. Trotzdem lief alles wie am Schnürchen. Einer holte Eis, während der andere im Zeltinneren alles herrichtete.

Wir achteten darauf, dass jeder ausreichend Flüssigkeit zu sich nahm und versuchten, uns für den nächsten Tag zu erholen. Nur mit wenigen Menschen läuft alles so stimmig und unkompliziert wie mit David. Ohne viele Worte wechseln zu müssen, weiß jeder von uns, was er zu tun hat und wo die Prioritäten liegen.

Abends bestätigte Ralf noch einmal den Wetterbericht, der für uns besonders wichtig war. Bei einsetzendem Schneefall würde es für uns sehr kritisch werden. Um 2.00 Uhr früh läutete Davids Wecker. Heute früh hatte ich Glück - er war dran mit Schnee schmelzen. So durfte ich noch eine halbe Stunde länger in meinem Schlafsack dösen. Das gesamte Zeltinnere hatte sich in eine Eishöhle verwandelt. Sobald einer von uns irgendwo am Zelt anstreifte, rieselte das Eis.

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Wir kennen diese Situation, und trotzdem ist es jedes Mal eine Herausforderung, auch solche Momente gelassen hinzunehmen. . Kurz vor den ersten Sonnenstrahlen, um 6.15 Uhr, brachen wir bei eisigen Temperaturen auf. Wieder am laufenden Seil versuchten wir die bestmögliche Linie durch Fels, Schnee und Eis nach oben zu finden.

Mittlerweile erschwerte uns die anstrengende Spurarbeit ein rasches Vorwärtskommen. Regelmäßig wechselten wir uns dabei ab. "Mein Mantra" schlich sich wieder in meinen Kopf. "Ich habe Kraft, Energie, Erfolg, ich bin gesund und dankbar". Bis oben hin begleitete es mich. Der Tiefblick während des gesamten Aufstiegs war schlichtweg atemberaubend. Wir konnten schon von unserem Biwakplatz aus das Basislager, das gesamte Western Cwm, Lager II, Lager III in der Lhotse Flanke und sogar die tibetische Hochebene sehen!

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Die beiden markanten Eistürme in Gipfelnähe rückten langsam näher. David zweifelte ein wenig, ob dort oben tatsächlich der Gipfel wäre. 20 Meter unterhalb wechselten wir noch einmal den Vorstieg. An Davids Freudenschrei konnte ich erkennen, dass er tatsächlich am Gipfel angekommen war. Ich kletterte hinterher, bereits bei den letzten Metern hin zum höchsten Punkt, war wieder alles geballt da.

Riesengroße Freude, Dankbarkeit und Glück durchströmten mich. 16 Jahre nachdem Ralf mit Axel Schlönvogt über die "Scott Route" den Gipfel erreichte, durften nun auch David und ich bei fast Windstille!!! und einzigartigen Ausblick hier oben stehen.

Insgesamt hat der Nuptse Hauptgipfel nur sehr wenige Besteigungen, während sich am Everest jedes Jahr mehrfach lange Menschenketten bis zum Südsattel schlängeln. Von hier oben ist die Perspektive wunderschön, völlig anders als die von Mt. Everest und Lhotse, obwohl diese drei Berge unmittelbar beisammen stehen.

Text: Gerlinde Kaltenbrunner

Den vollständigen Bericht finden Sie hier

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