Sicher unterwegs am Klettersteig

"Fehler passieren aus Unwissenheit"

Die Nachfrage ist ungebrochen. Jedes Jahr entstehen neue Klettersteige. Patrick Jost vom Hindelanger Bergführerbüro verrät, was Einsteiger wissen sollten!

"Fehler passieren aus Unwissenheit"
© Picture Alliance
Patrick Jost, 41: Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer ist Inhaber des Hindelanger Bergführerbüros.
Patrick Jost, 41: Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer ist Inhaber des Hindelanger Bergführerbüros.

ALPIN: Warum boomt Klettersteiggehen?

Patrick Jost: Wegen des Erlebnisses, eine Felswand auf einer relativ abgesicherten Route zu durchsteigen, in der man selbst kaum etwas absichern muss. Vieles ist vorgegeben. Außerdem ist das Klettersteiggehen in ziemlich kurzer Zeit erlernbar.

Was empfiehlst du Leuten, die damit beginnen wollen und bisher kaum Erfahrung in den Bergen haben?

Sich schrittweise heranzutasten mit einfachen Bergtouren und Höhenwegen, wo schon mal eine Stelle auftauchen darf, die man auch mit den Händen überwinden muss. Dabei merkt man sehr schnell, ob es einem Spaß macht. Wer Angst hat vor der Tiefe und lieber breite Wege gehen möchte, für den sind Klettersteige sicher nicht das Richtige, weil die eigene Angst immer die Freude überwiegen wird.

Kann man sich auch ohne Bergführer auf Klettersteige wagen?

Natürlich kann man auch jemanden mitnehmen, der einem alles kompetent erklärt. Aber wenn A schon Probleme hat, wie soll es B dann bitte schön noch von ihm lernen? Wir sehen es leider öfter, dass sich Eltern schon am Limit bewegen und noch ihre Kinder führen. Das ist keine gute Idee.

Sonnenschein und steile Felswände: Am Fünf-Gipfel-Klettersteig in Rofan.
Sonnenschein und steile Felswände: Am Fünf-Gipfel-Klettersteig in Rofan.

Ist Klettersteiggehen ungefährlich?

Nein - aber Bergsport ist grundsätzlich nicht ungefährlich. Ich denke, mit gesundem Verstand und solider Erfahrung kann man Risiken eingrenzen. In der Bergunfallstatistik führt Wandern. Das zeigt, dass auch etwas passieren kann, wenn es "einfach" ist. Wenn man Gefahr und Erlebnis beim Klettersteiggehen in eine Waagschale wirft, ist der Erlebniswert gut zu vertreten.

Wie trainiert man am besten dafür?

Voraussetzung ist neben Trittsicherheit und Schwindelfreiheit eine gewisse Grundfitness. Wenn die stimmt, kann man auch längere Klettersteige begehen. Wandern und Klettern sind also ideal. Man schult Kondition, Koordination und Kraft – alles Dinge, die man am Klettersteig braucht.

Sind Ziele an künstlichen Anlagen eine sinnvolle Vorbereitung?

Auf jeden Fall, denn sie sind zum Reinschnuppern und Ausprobieren ideal! Jedoch sollte man nicht glauben, dass man diese Erfahrungen eins zu eins an den Fels übertragen kann. Wer beispielsweise in der Kletterhalle im V. Grad klettert, kann noch lange nicht easy über den Normalweg (III) aufs Matterhorn steigen.

Nach welchen Kriterien sollte man die ersten Klettersteige aussuchen?

Man sollte nicht so sehr auf die Schwierigkeit schauen, sondern sich einen Steig aussuchen, der komplett mit Stahlseil versichert ist und vielleicht nur eine kurze schwierige Stelle hat. Oft sind einfache Steige, die nicht an allen Stellen versichert sind, für Ungeübte gefährlicher. Leider passieren meist an den einfachen, ungesicherten Stellen Unfälle.

Die richtige Ausrüstung ist unerlässlich: Klettersteighelm, -schuhe, -set.
Die richtige Ausrüstung ist unerlässlich: Klettersteighelm, -schuhe, -set.

Welche Ausrüstung braucht man?

An der Ausrüstung sollte man nicht sparen und darauf achten, dass sie den Sicherheitsnormen entspricht. Denn ein Radhelm ist eben zum Radeln und ein Kletterhelm zum Klettern da. Fehler passieren aus Unwissenheit oder einer "Das-gehtschon"- Sichtweise. Eine fundierte, auch materialorientierte Ausbildung ist daher wichtig.

Der Klettersteighelm muss richtig sitzen und sollte nicht älter als fünf Jahre sein!

Die Klettersteigschuhe sollten Halt auf Zu- und Abstieg bieten und eine weiche Sohlenspitze zum Treten auf glatten Reibungsstellen am Fels haben.

Das Klettersteigset sollte einen Bandfalldämpfer besitzen, der dem Gewicht des Nutzers entspricht. Achtung vor allem bei Kindern und Leichtgewichten!

Und was kann man tun, wenn es doch mal zu Problemen kommt?

Lieber früher umkehren und nicht versuchen, bis zum Ausstieg oder Gipfel zu kommen. Nach dem Motto: "Da kämpfe ich mich schon hoch." Wenn dann nichts mehr geht oder einen die Kräfte verlassen, bleibt meist nur die Bergrettung. So bringt man sich und andere unnötig in Gefahr.

Wie aussagekräftig und vergleichbar sind die Bewertungen der Steige?

Für den Anwender sind sie leider nicht immer einfach zu unterscheiden. Eine zentrale Frage lautet: Sind Steighilfen wie Stifte, Leitern etc. an schwierigen Stellen vorhanden oder ist nur das Stahlseil als Sicherung da. Bewertet werden Steige nach der Schwierigkeit ihrer Kletterstellen (mit oder ohne Steighilfe), ihrer Länge, der Güte der Absicherung und nach Zu- und Abstieg. Alles ungenormt natürlich.

In welchem Level gibt es die meisten Klettersteige in den Alpen?

Eine gute Frage! Ich denke, zwischen B und C. Danach kommen die sogenannten Sportklettersteige. Aber aus der Geschichte heraus gibt es die meisten Steige im unteren Bereich. Denn viele "versicherte Steiganlagen" stammen noch aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zum Ausprobieren: Die SALEWA Klettersteigtour präsentiert von ALPIN

  • 19.4. Stuttgart, Kletterhalle Climbmax
  • 10.5. Duisburg, Via Ferrata Monte Thysso
  • 11.5. Köln, Klettersteig Schwindelfrei
  • 17.5. Sonneberg, Ernst-Hartwig-Klettersteig
  • 18.5. W olkenstein/Sachsen, DAV-Übungsgelände
  • 24.5. Koblenz, Klettersteig Boppard
  • 25.5. Darmstadt, Klettersteig Heubach
  • 14.6. Fränkische Schweiz, Höhenglücksteig
  • 21.6. Schwarzwald, Klettergebiet Todtnau
  • 28.6. Bad Hindelang, Klettersteig Oberjoch
  • 6.7. Berchtesgaden, Klettersteig am Hanauerstein
  • 12.7. Garmisch-Partenkirchen, Klettersteig Alpspitze
  • 19. + 20.7. Finale: Bad Hindelang, SALEWA Klettersteigtage präsentiert von ALPIN: kostenlose Workshops, umfangreiches Tourenangebot und Testmaterial.

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