Erstbegehungen in Sunndalen, Amotan, Eikesdal, Eresfjord und Trollveggen

Ines Papert in Norwegen

Wenn sich Ines Papert mit einem Haufen Männer - genauer gesagt mit Rudi Hauser, Lukas Seiwald, Kurt Astner, Emanuele Ciullo, Thomas Senf und Scott Milton - auf die Suche nach schwierigen Eis- und Mixedrouten in West-Norwegen macht, darf man gespannt sein, was dabei herauskommt. Jede Menge Erstbegehungen und tolle Bilder - wie Sie in unserer Fotogalerie sehen können!

Ines Papert in Norwegen

Zwischen dem 04. und 16. Februar startete Ines Papert mit ihren Kletterpartnern von ihrem Stützpunkt aus, einer Fischerhütte am Sunndalenfjord, in die Gebiete Sunndalen, Amotan, Eikesdal, Eresfjord und Trollveggen. Lesen Sie hier ihren Bericht.

"Surprice" (WI6+/M8, 350m)

Bei perfekten Bedingungen um die Null grad, starte ich mit Thomas Senf, unserem Alpinphotographen in unsere erste Route in Litldalen. Ein massiver Eiszapfen nach 300m Kletterei im Eis ist unser Ziel. Mit mobilen Sicherungen ausgestattet, nehme ich diese Mixedlänge in Angriff. Der Fels gibt tatsächlich Risse für Camalots und Keile her. Dann sichere ich mich ein letztes Mal an einer Eisglasur, bevor es an den gigantischen Zapfen geht.

Vorsichtig lehne ich mich vom Felsen nach außen, schlage mit dem linken Eisgerät in den Zapfen. Ich setze das zweite dazu, und schwinge meine Füße vorsichtig hinüber. Plötzlich ein Riss unter meinen Eisgeräten, der tonnenschwere Zapfen reist ab und stürzt unter mir in die Tiefe. Ich hänge mit beiden Füßen plötzlich in der Luft, muss kurz den Schrecken verdauen und pendle meine Füße zurück zum Fels, um die sichere Glasur zu erreichen.

Mein erster Gedanke, ob Thomas unter dem felsigen Überhang genügend sicher platziert ist. Ich rufe ihm zu und er gibt grünes Licht von unten. Alles gut gegangen. Der Schrecken sitzt tief, doch die Route möchte beendet werden. Nun besteht zwar keine Gefahr mehr, aber der Zapfen wurde zu einem Eisdach, welches ich nur mit großer Anstrengung überwinden konnte. Geschafft!

Beim hinunterseilen hören wir Stimmen. Unsere Freunde steigen nach Ankunft ihres verloren gegangenen Gepäcks erst am Nachmittag ein. Kurt Astner und Rudi Hauser probieren den direkten Einstieg, müssen sich jedoch aufgrund der schlechten Felsqualität geschlagen geben. Ohne Bohrhaken ein zu riskantes Unternehmen.

Fotogalerie von Ines Paperts Eisklettertrip nach Norwegen.

"Quattro Naziones" (WI 6/M9/A1, 500m)

Am oberen Talabschluß des Eikesdals entdecken wir eine Mixedvariante. 400m leichte Kletterei führten mich mit Lukas Seiwald, Thomas Senf und Emanuele Ciullo dort hinauf, bevor es ernst wird. Das Ziel: hoch über dem Tal, 40m mit mobilen Sicherungen durch den steilen Granit an den abschließenden Eiszapfen..

In Wandmitte muss ich jedoch einen Bohrhaken (mit der Hand) platzieren, um einen Bodensturz zu vermeiden. Bis zum Ausstieg bleibt jeder Meter anspruchsvoll und meine Partner sichern voller Geduld und motivieren mich, alles aus mir rauszuholen. Ich komme oben an und bin total erschöpft.

An eine freie Begehung ist heut nicht mehr zu denken. Wir müssen den weiten Aufstieg noch einmal in Angriff nehmen. Doch starke Schneefälle und die hohe Lawinengefahr machen das Unternehmen unmöglich. Die freie Begehung bleibt ein Ziel für die Zukunft.

"Sea Gull Jonathan" (WI 6) und "Offshore" (WI 7, 250m)

Als absolutes Highlight unserer Reise ging es mit einem Fischerboot von Eisvag über den Eresfjord zur gegenüberliegenden Wand. Hoch über dem Fjord, kletterte ich mit Lukas und Scott "Sea Gull Jonathan" und zeitgleich erklimmen Rudl, Kurt und Thomas "Off Shore". Uns gelingen zwei nebeneinander liegende 250m Eislinien, die noch keiner vor uns geklettert war. Ein Erlebnis der besonderen Art.

"50& King Crab" (WI6/M10 350m)

Noch nie bin ich und Thomas Senf derartig orang/gelbes Eis geklettert. Der Zapfen erinnert uns an die Beine der Kingkrabben, die Rudl am Tag zuvor in den Kochtopf beförderte. Trotz dem Eiweißkonzentrat war meine Moral inzwischen fast aufgebraucht, so dass ich den 50& King Crab mit 5 Bohrhaken absicherte.

Die steile und schwierige Kletterei an geschlossenem Fels ließ kaum mobile Sicherungen zu. Ein Spannweitenzug wurde zur absoluten Schlüsselstelle, die ich erst nach mehreren Versuchen- und dem Absturz meines Eisgerätes- knacken konnte. Das abschließende Eis ist etwas vom feinsten, was ich jemals geklettert bin.

"Perly on Ice" (WI6/M9, 70m)

Eine Mixedlinie, die ich nach Vorarbeiten und zahlreichen weiten Stürzen an unserem letzten Tag frei klettern konnte, während die Temperaturen schon weit über den Gefrierpunkt gingen. Diese Route habe ich unserer "Pflegemutter Perly" gewidmet, die uns während unseres Aufenthaltes mit Informationen, frischem Lachs und bester Unterkunft versorgte.

Bericht: Ines Papert www.ines-papert.de

Photos: Thomas Senf/Visualimpact www.thomassenf.ch

Weitere Meldungen zu Ines Papert auf alpin.de: