Nuptse-Ostgrat Expedition 2012

Kaltenbrunner, Dujmovits und Göttler am Nuptse

Seit Anfang April befindet sich das Ehepaar Kaltenbrunner-Dujmovits in der Himalayaregion Khumbu, um zusammen mit dem deutschen Extrembergsteiger David Göttler den noch unbestiegenen, dreieinhalb Kilometer langen Ostgrat des Nuptse (7861m) anzugehen. Inzwischen hat das Team die ersten Akklimatisierungstouren am Nuptse absolviert und ist ins Basislager zurückgekehrt.

Kaltenbrunner, Dujmovits und Göttler am Nuptse

Liebe Freunde, Unser zweiter Akklimatisations-Aufstieg liegt schon wieder 2 Tage hinter uns. Viele Stunden voller landschaftlicher Schönheit im Hochtal Western-Cwm und der Westflanke des Lhotse, in der wir auf 7100 m eine einsame Nacht zu dritt in unserem kleinen Hochlagerzelt verbracht haben. Aber auch einige Stunden, die uns ziemliche Sorgen bereitet haben: nach einem sehr trockenen Winter im Everest-Gebiet sind die Flanken von Nuptse, Lhotse und Everest völlig ausgeapert und trocken. Blankeis und Steinschlag waren unsere ständigen Begleiter.

Zudem ist der mächtige Eisbruch oberhalb des Basislagers in einem beängstigenden Zustand. An einigen Stellen, vor allem zum Ende des 700 m hohen Eis-Trümmerhaufens, hängen von der Westschulter des Everest haushohe Eisblöcke absturzbereit über der Aufstiegsroute. Insgesamt sind wir froh mit der Vorakklimatisation am Lobuje East zumindest einmal weniger durch den Eisbruch steigen zu müssen, um an die Flanken des Nuiptse und Lhotse zu gelangen.

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Am 26. April steigen wir zum Bergschrund unserer geplanten Aufstiegsroute durch die Nordflanke des Nuptse zu seinem Ostgrat auf. Wir sind entsetzt wie trocken und ausgeapert die Route ist und wieviele große Felsbrocken am Wandfuß liegen. Schnell sind wir uns einig, dass diese Route zum Erreichen des Ostgrats nicht in Frage kommen wird: zu steinschlägig und damit zu gefährlich.

Vom Bergschrund, an dem schnell eine Übergangsmöglichkeit ersichtlich ist, wäre es auch möglich weiter nach rechts hinaus zu queren um einen sichereren Aufstieg zum Ostgrat zu finden. Wir haben gesehen, was uns wichtig war und kehren zum Lager II zurück, wo wir bei wunderschönem Wetter einen traumhaften Spätnachmittag verbringen.

Der 27. April beginnt windig – wir wollen nach Lager III aufsteigen. Schon auf dem Weg zum Bergschrund unter der Lhotse-Flanke merke ich - wie auch die letzten Tage schon - dass ich mit stark angezogener Handbremse unterwegs bin. Möchte ich schneller aufsteigen kommt einfach keine Energie und so hänge ich Gerlinde und David im Aufstieg bald weit hinterher.

Meine Erkältung vom Lobuje ist leider noch nicht richtig auskuriert. Mit dem vollen Rucksack „schleppe“ ich mich regelrecht nach oben und bin froh als ich den Biwakplatz, den Gerlinde und David auf 7100m in mühevoller Arbeit aus dem Eis heraus gehackt haben, erreicht habe. Wir sind die einzigen, die in dieser Nacht in Lager III der Lhotse-Flanke, also im Aufstieg zum Everest übernachten. Für uns drei eine zwar anstrengende, dafür ideale Akklimatisationsnacht.

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Auch der 28. April beginnt wieder sehr windig - vor allem erreicht uns die Sonne erst sehr spät. Aber wir haben es nicht eilig und so packen wir die Rucksäcke erst am frühen Nachmittag für den Abstieg. Unser erstes großes Zwischenziel, eine Nacht auf über 7000 m ist erreicht und so beginnen wir um 14:40 Uhr mit dem Abstieg. Etwas müde und sehr zufrieden erreichen durch den Eisfall zum Abendessen das Basislager – Sitaram hat zum Abschluss dieses langen Tages ein wunderbares Essen gezaubert.

Lange schlafen wir aus am nächsten Vormittag – aber schon kurz nach dem Frühstück wird mir klar, dass ein Arztbesuch für mich nichts Verkehrtes wäre. Es fehlt mir einfach Energie und Schubkraft – was ich gerne abklären möchte. Monica, die spanische Ärztin von Bergführer-Kollege Russel Price untersucht mich und stellt eine Nasennebenhöhlenentzündung fest.

7 Tage Pause und Breitband-Antibiotika-Einnahme sind angesagt. Also werde ich mich erst mal auskurieren und habe Gerlinde und David gebeten, bei nächstbester Gelegenheit alleine zum Nuptse aufzubrechen. Momentan würde ich eine echte Gefahr für die beiden und auch für mich selbst bedeuten.

Je nachdem, wie es mir die nächsten Tage geht, werde ich evtl. auch nach Tengpoche (3800 m) absteigen, um dort im Grünen meine Sinusitis wirklich ganz auszukurieren. David und Gerlinde werden nun in den nächsten Tagen versuchen, über den Steinschlag-sicheren, wunderschönen Nordpfeiler – die sogenannte Scott Route – hinaufzuklettern.

Für heute verabschiede ich mich und sende herzliche Grüße in die Heimat,

Ralf Dujmovits

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