Zwischen Himmel und Erde in Interlaken

Fotogalerie: Auf der Highline am Schilthorn

Vor einem Jahr fielen dem Fotografen Christoph Jorda bei einem Shooting auf dem Schilthorn zwei Felsnadeln auf, die für eine Highline wie geschaffen waren. Ein knappes Jahr später kehrte er mit fünf Jungs, einem Mädl und seiner Fotoausrüstung zurück, um sich die Türme aus der Nähe anzusehen. Neuschnee, Nebel und eine Felswand schienen zunächst alle Highline-Träume zunichte zu machen, doch dann gelang doch noch die Begehung...und Jorda spektakuläre Aufnahmen! Hier erzählt er von dem außergewöhnlichen Shooting

Fotogalerie: Auf der Highline am Schilthorn

Letztes Jahr war ich in Interlaken bei einem Fotojob auf dem Schilthorn. Schon bei der Fahrt nach oben sind mir kurz vor dem Gipfel zwei schöne Felsnadeln aufgefallen, die gerad nach einer Highline-Begehnung schreien. Ein 3/4 Jahr später machten sich fünf Jungs, ein Mädel, ein Fotograf und ein Kasten Bier auf den Weg Richtung Interlaken.

Wir hatten drei Tage Zeit... Während der vierstündigen Autofahrt hat es drei Stunden geregnet und eine Stunde war Nebel; so wurden wir auch in Interlaken empfangen. Nach einer super Pizza schnell wieder zurück ins Zelt und schauen, was noch vom Augustiner Kasten übrig war. Na ja, er war schon ziemlich angeschlagen und nach einem Betthupferl für jeden, war er restlos erledigt. Da saßen wir nun: Regen, Nebel, Kälte und kein Bier mehr!

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So, am nächsten Tag a bissel Interlaken anschauen und klettern. Nach einer kurzen Nacht ging es in der Früh bei bestem Wetter Richtung Schilthorn. Mit einer riesen Ladung Klamotten ( gesponsort von Norrona, Danke dafür! ) Fotoausrüstung, mobiler Blitzanlage, Kletterstuff, Isomatten, Schlafsäcke....( der Plan war oben auf fast 3000m draussen zu schlafen, damit wir das schöne Abendlicht nutzen konnten) ging es nach oben. Großzügigerweise hat uns die Schilthorn Bahn die Karten für die Fahrt umsonst geben. Danke!

Oben angekommen fiel mir erst einmal die Farbe aus dem Gesicht..... Ich hatte die Location ganz anders in Erinnerung, als wie wir halt an diesem Morgen vorfanden! Dann wurde noch dazu das Wetter schlecht und als ob das noch nicht reichen würde, hatte es über Nacht 10-15cm geschneit. Aber der Reihe nach... Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir zu den beiden Türmen einfach nur hinlaufen müßen... und jetzt ist da plötzlich eine 80 m Wand zwischen uns und der Location.

So und jetzt??? Auch waren wir nicht auf Schnee eingestellt ( Gell Jakob, Jeans und zerfetzte Stoff Vans!! )! Ich hatte also fünf Jungs, ein Mädel und mittlerweile zwei Eltern ( Thomas Eltern wollten mal zuschauen und sind extra mit Mietauto aus dem 4 Stunden entfernten Mindelheim gekommen ) auf eine Highline mit einer wahnsinns Aussicht und leichtem Zugang scharf gemacht und jetzt war da Schnee, Nebel und eine 80m senkrechte Wand!

Ein kurzes Gespräch mit dem Team: Christoph:" Und Jungs wie schau ma aus? Abbruch??" Team: "Nee Mann, wir gehn da jetzt runter und machen die Highline!!!" Christoph: "O.K.!" Die erfahrensten von uns, Thomas, Simon und ich machten uns mit all unserem Kletterzeug auf die Suche nach einer geeigneten Abseilstelle. Nach kurzer Suche fanden wir einen Klettersteig, wo wir ein Fixseil installieren konnten. Nicht ganz ungefährlich, da der Fels ziemlich brüchig war und wir natürlich keine Helm hatten - aber dafür dicke Mützen!

Weiße Überraschung: Auf gut 20cm Neuschnee waren die Highliner nicht eingestellt (Foto: Christoph Jorda).
Weiße Überraschung: Auf gut 20cm Neuschnee waren die Highliner nicht eingestellt (Foto: Christoph Jorda).

Nach kurzen Fußmarsch über ein Geröllfeld standen wir vor den beiden, komplett nassen Türmen und irgendwo in der Mitte war ein Bohrhaken; oder war es nur ein rostiger alter geschlagener Haken? Wieder wuchs mein Magengeschwür um ein paar Milimeter. Christoph: " Hey Jungs viel Spaß beim hochkommen und ihr könnte ja schon mal aufbauen - ich hol daweil die anderen, Servus!" Und weg war ich. Ich konnte es mir nicht länger anschauen, wie Thomas den nassen und sehr brüchigen Turm hochkletterte. Respekt!!

Der Nebel wurde dichter und dichter..... Ich wieder die Wand hoch und nach kurzer Einweisung seilte sich der Rest des Teams Richtung Türme ab. Oda und Thomas Eltern konnten leider nicht mit, da sie keine Kletterausrüstung hatten. Die Arbeit an der Highline ging gut voran, dauerte aber natürlich eine Weile, da alles doppelt gesichert werden muß. In der Zwischenzeit bin ich den Berg hoch und runter, hoch und runter auf der Suche nach einer guten Fotoposition. Irgenwann war die Highline fertig, die Jungs motiviert und auch der Fotograf hatte seine Position...nur leider konnte ich nix sehn - Nebel!

Gibt´s nicht. Ich wußte, dieses Foto funktioniert nur mit dem wahnsinns Panorama der schneebedeckten 4000er im Hintergrund. Unter anderem Eiger, Mönch und Jungfrau, das wohl das berühmteste Dreigestirn der Welt ist, UNESCO Weltkulturerbe und auf den Bilder auf der linken Seite zu sehen... Aber es wurde doch endlich irgendwann heller und heller und ab und zu sah man schon etwas blauen Himmel. Die Jungs wollten es wissen und sind trotzdem gelaufen. Das unglaubliche dabei war - ALLE sind beim ersten mal rüber gekommen. Für Momo und Jakob war es die erste Highline überhaupt. Gratulation!

Gefunden: "Lines" gibt es fast überall...man muss sie nur sehen! (Foto: Christoph Jorda)
Gefunden: "Lines" gibt es fast überall...man muss sie nur sehen! (Foto: Christoph Jorda)

Wir beschlossen auf besseres Wetter zu warten und eine kleine Essenspause einzulegen, da es 19 Uhr war und wir außer dem Frühstück noch nix gegessen hatten. Das kalte Gourmetbuffet war etwas spärlich. Für jeden gab es einen Apfel, einen Keks und drei Schluck Wasser. Mehr war nicht drin. Wir sind ja nicht zum Spaß da! Wären unserem Fressgelage wurde das Wetter immer besser. Nun mußten wir nur noch auf das perfekte Licht warten, was mit zu nehmender Kälte, Müdigkeit und Hunger gar nicht so einfach war.

Und damit uns bei der ganzen Warterei nicht langweilig wurde, habe ich dann einen sehr wichtiges Kamerateil ein Stück die Wand runtergeschmissen, das wir dann im Geröllfeld suchen durften. So, Teil gefunden - Team auf Position - Fotograf auf Position - perfektes Licht da -- let´s make history! Die Bilder sprechen für sich.

Das wir dann in der Dunkelheit abbauen mußten, ein Seil sich verklemmt hatte, von zwei Stirnlampen eine die Wand runter ist und jeder völlig überladen die Wand wieder hoch mußte, haben wir mit einem fetten Grinsen im Gesicht einfach hingenommen. Die Schilthorn-Bahn war sehr freundlich zu uns und überlies uns und die gesamte Bahnstation und stellte uns sogar noch Betten zuverfügung. Was für ein Traum!

Das bissel Essen, das wir oben gelassen hatten, wurde auf der Panoramaterasse unter einem atemberaubenden Sternenhimmel in 3,21 Sekunden verschlungen. Was will man mehr - das ist wahrer Luxus!

Text und Fotos: Christoph Jorda