Sherpas werden gegen Spitzenalpinisten handgreiflich

Moro und Steck: Todesdrohungen am Everest

Noch ist der Sachverhalt nicht zweifelsfrei geklärt, doch die wenigen Fakten lassen auch so aufhorchen: Am 27. April sind die beiden Extrembergsteiger Simone Moro und Ueli Steck sowie der Profifotograf Jonathan Griffith in einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe von mehr als 100 Sherpas verwickelt worden. Bei der Auseinandersetzung wurde Steck an der Lippe verletzt.

Moro und Steck: Todesdrohungen am Everest

Wie die "Himalayan Times" in ihrer Internetausgabe berichtet, hätten Steck, Moro und Griffith versucht, eine Gruppe Sherpas zu umgehen, die gerade damit beschäftigt gewesen waren, in der Westflanke des Lhotse Fixseile für kommerzielle Expeditionen anzubringen. Nach Darstellung eines nicht genannten Augenzeugen, hätten die Sherpas die drei europäischen Profi- Alpinisten eindringlich darum gebeten, sie nicht bei ihrer Arbeit zu stören.

Über die Bitte hätten sich Moro, Griffith und Steck aber einfach hinweggesetzt. Vielmehr noch: Bei ihrem Umgehungsmanöver sollen die drei Bergsteiger auch Eisbrocken losgetreten haben, die auf die arbeitenden Sherpas niederprasselten, so der Augenzeuge weiter. In Lager II hätten dann die aufgebrachten Nepali zuerst die Zelte von Steck, Moro und Griffith mit Steinen attackiert, wenig später dann die von ihrer Akklimatisierungstour zurückgekehrten Alpinisten selbst.

Simone Moro widerspricht in einer ausfürlichen Stellungnahme der Behauptung, Steck, Griffith und er hätten die Sherpas beim Anbringen der Fixseile gestört. Da sie auf einer völlig eigenständigen Route in gut 50 Meter Entfernung von den Sherpas unterwegs gewesen wären, noch dazu im verschneiten Gelände, sei es mehr als unwahrscheinlich, dass sie Eis losgetreten und so einen der Sherpas verletzt hätten, so Moro.

Nach ihrer Rückkehr in Lager II wären Steck, Griffith und er von einem wütenden Mob aus 100 Sherpas empfangen worden. Fäuste und Steine flogen, Todesdrohungen wurden ausgesprochen. Nach Darstellung von Moro sei es nur dem entschiedenen Einschreiten einiger couragierter Expeditionsteilnehmer zu verdanken, dass Steck, Griffith und er noch am Leben wären. In Todesangst und nur mit dem Allernötigsten ausgestattet, hätte man sich sofort an den Abstieg Richtung Basislager gemacht.

Moro vermutet gekränkten Stolz als Ursache für die Eskalation: Der Führer des Sherpa-Trupps habe es offensichtlich nicht ertragen können, von drei Europäern - die noch dazu unangeseilt unterwegs waren - überholt zu werden.

Widersprüchliche Meldungen gibt es zu Ueli Steck. Einigen Medienberichten zufolge hat der Schweizer die Expedition abgebrochen und befindet sich bereits auf dem Rückweg in die Heimat. Andere Quellen berichten, dass der Speed-Alpinist nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt in Kathmandu wieder ins Basislager zurückgekehrt sei, um sich mit Moro über eine Fortsetzung der Expedition zu beraten.

Die beiden Spitzenbergsteiger wollten im Rahmen ihrer "No Limits Expedition" den Gipfel des Everest über eine neue Route in der Südwand erreichen.