Zwar ist der Bestand an den großen Greifvögeln noch recht überschaubar, "aber wir können damit rechnen, dass in den nächsten fünf Jahren im gesamten bayerischen Alpenraum immer häufiger Geier zu beobachten sein werden", meint Henning Werth vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern.
Unter falschen Verdacht
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren Bart- und Gänsegeier sogar noch in den deutschen Mittelgebirgen heimisch, bis Anfang des 20. Jahrhunderts immerhin noch im Alpenraum. Doch sie wurden gejagt und nach und nach aus ihrem ursprünglichen Lebensraum vertrieben. "Lämmergeier" wird der Bartgeier mancherorts noch immer genannt - weil man ihm früher unterstellte, Lämmer zu töten - und deshalb ihm den Garaus machte. Dabei ist er ein reiner Aasfresser. Dass die Geier jetzt in den bayerischen Alpenraum zurückkehren, ist größtenteils den Projekten zur Wiederansiedlung zu verdanken.
Vor 23 Jahren haben Artenschützer damit begonnen, Bartgeier in Gefangenschaft zu züchten. Die Jungtiere werden mit Flügelmarkierungen und teilweise sogar mit Satellitensendern versehen im Alpenraum wieder ausgewildert. Mittlerweile gibt es dort etwa 130 Exemplare, von denen einige schon in freier Wildbahn geschlüpft sind. "Wenn der Bruterfolg so bleibt, kann sich der Bestand stabilisieren", sagt der Biologe Werth.
Besuch aus Spanien
Auch die langhalsigen Gänsegeier sind bereits wieder in Bayern gesichtet worden. Größere Bestände hatte es lange Zeit nur noch in Spanien gegeben - weil sich die Geier dort an offenen Sammelstellen für verendete Tiere laben konnten. Doch seit 2002 verbietet es eine EU-Verordnung auch dort, totes Vieh offen liegen zu lassen. Auf der Suche nach Futter zogen die Vögel weiter, doch auch in Bayern müssen die sterblichen Überreste von Wild- und Weidetieren in spezielle Anlagen zur Tierkörperbeseitigung gebracht werden.
"Eine schwierige Situation", sagt der Biologe Werth. Die Großvögel bräuchten eine geierfreundliche Weidewirtschaft - bei der tote Weidetiere vor Ort belassen werden. Ohne gezielte Managementmaßnahmen, die langfristig für mehr Nahrung sorgen, sei eine dauerhafte Ansiedlung in den bayerischen Alpen ausgeschlossen.
Für jeden Hinweis dankbar
Um mehr über den Bestand der Geier zu erfahren, setzen die Artenschützer jetzt auf die Hilfe von Wanderern, Jägern und Hüttenwirten. "Jeder Hinweis ist wichtig. Wir brauchen ein Netzwerk von Beobachtern, um den Fortgang des Projektes zu verfolgen", erklärt Vogelschützer Werth. Die Meldeformulare vom Landesbund für Vogelschutz gibt es im Internet - genauso zahlreiche Erkennungshilfen.