Und: Familientragödie an der Presanella

Bergdrama am Gabler

Schwarzer Sonntag für den Bergsport: Bei zwei Bergunfällen in den Zillertaler Alpen und im Trentino sterben insgesamt acht Menschen.

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Fünf Tote und ein Schwerverletzter, so lautet die schreckliche Bilanz eines Bergunfalls am 3263 Meter hohen Gabler, der sich am Sonntagvormittag in den Zillertaler Alpen ereignete.

Nach Angaben von Augenzeugen befand sich eine sechsköpfige Gruppe aus Bayern gerade im Aufstieg über den Wildgerlos-Gletscher, als der Seilschaftsletzte den Weiterweg in dem ca. 40 Grad steilen und von Blankeis bedeckten Gelände offenbar nicht mehr fortsetzen wollte.

Nach kurzer Diskussion entschied sich die Gruppe dazu, wieder abzusteigen. Dabei kam einer der Hochtourengeher ins Rutschen und riss seine Bergkameraden mit sich. Die sechs Personen im Alter zwischen 34 und 75 Jahren stürzten daraufhin rund 200 Meter die Flanke hinab, ehe sie in eine Gletscherspalte fielen.

"Die letzten Zwei versuchten den Sturz noch mit Pickeln zu halten, jedoch vergeblich", so Franz Gensbichler, Einsatzleiter der Bergrettung Krimml, gegenüber der Nachrichtenagentur APA.

Während für fünf Mitglieder der Seilschaft jede Hilfe zu spät kam, überlebte der älteste der Gruppe schwerverletzt. Er soll, sobald es sein Zustand erlaubt, von der Polizei zu dem Unfallhergang befragt werden. Bei den Verunglückten soll es sich um äußerst erfahrene Alpinisten gehandelt haben, die bestens ausgerüstet waren.

<p>Blick von der Brenteihuette auf die Presanella im Morgenlicht.</p>

Blick von der Brenteihuette auf die Presanella im Morgenlicht.

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Familientragödie an der Presanella

Am selben Tag ereignete sich im Trentino ebenfalls ein fataler Seilschaftssturz, an dem insgesamt neun Personen beteiligt waren, die die 3556 Meter Hohe Presanella (Adamello-Presanella-Alpen) zum Ziel hatten. Medienberichten zufolge handelte sich bei der Gruppe um zwei Familien aus der Provinz Brescia, die drei Seilschaften bildeten.

In der Nähe der sogenannten Freshfield-Scharte auf rund 3200 Meter rutschten die beiden Führenden aus bisher noch ungeklärter Ursache aus und rissen alle weiteren Mitglieder der Gruppe mit in die Tiefe.

Zwei Personen erlagen noch an der Unglückstelle ihren schweren Verletzungen; ein 13-jähriger Junge, dessen Mutter bei dem Unfall ums Leben gekommen war, verstarb einen Tag später im Krankenhaus in Brescia. Hier werden auch der Bruder sowie der Vater des verstorbenen Teenagers sowie vier weitere Überlebende des Dramas behandelt.

"Auch wenn es nach den tragischen Ereignissen vom vergangenen Wochenende anders scheint, kann man feststellen: Das Risiko, beim Bergsport tödlich zu verunglücken, sinkt seit mehr als 60 Jahren und befindet sich auf einem historischen Tiefstand", so Wolfgang Wabel im Interview mit sueddeutsche.de

Wären die Unfälle vermeidbar gewesen?

Der Geschäftsbereichsleiter Bergsport beim Deutschen Alpenverein äußerte sich auch zu der Frage, ob es nicht in machen Situationen besser wäre, auf das Seil zu verzichten:

"Tatsächlich sind die meisten Gletscher am Ende des Sommers blank. Dadurch ist einerseits die Rutschgefahr größer, andererseits sieht man auch die Spalten gut und kann sie umgehen. Deshalb wäre es in manchen Situationen sinnvoll, nicht am Seil über einen Gletscher zu gehen, dann besteht auch keine Mitreißgefahr. Ohne Seile ist es dann allerdings schwieriger, bei einem Spaltensturz zu helfen.

Ähnlich schwer ist die Entscheidung, wann es sinnvoll ist, dass ein Bergführer mit seinem Gast am kurzen Seil über einen Grat über oder durch mittelschweres Blockgelände klettert - da besteht immer die Gefahr, bei einem Sturz mitgerissen zu werden."

Die Hochtour auf den Gabler gilt bei entsprechenden Bedingungen als nur mäßig schwierig. Allerdings hätte bei Blankeis in dem 40 Grad steilen Gelände "ein Stand" gebaut werden müssen, ist sich Franz Gensbichler von der Bergrettung Pinzgau, der den Einsatz leitete, sicher.

Diese Ansicht teilt auch Reinhold Messner. Gegenüber dem Standard sagte der Südtiroler: "Die Fehler macht nämlich immer der Mensch und nie der Berg." Der Unfall hätte verhindert werden können, wenn die Alpinisten Eisschrauben zum Sichern verwendet hätten.

"Sobald ich mich im [...] Steilgelände bewege, muss das Seil in einer anderen Weise verwendet werden. Ich kann mit Eisschrauben Sicherungspunkte setzen. Oder, das ist in privaten Seilschaften auch möglich, ich kann auf das Seil verzichten, und jeder geht auf eigenes Risiko. Dann ist zumindest das Risiko des Mitgerissenwerdens reduziert", so ÖAV-Sicherheitsexperte Michael Larcher im Interview mit dem ORF.

11 Kommentare

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Mirko Reuter auf Facebook

Mich wundert es dass am Höllentalferner rauf nicht mehr Unglücke passieren. Bin ja froh drum. Denn viele sind auf dem aperen Gletscherteil mit Grödel unterwegs und sicher ist was anderes. Hab es selbst erlebt vor paar Wochen. Teilweise auch in 4 er Seilschaft.

Peter Flux

Sorry, mein letzter Kommentar wurde unvollständig abgeschickt.
Ich halte die Diskussion für absolut NICHT überflüssig, gilt es doch, Lehren für unser zukünftiges Verhalten zu ziehen.
Natürlich basieren unsere Überlegungen auf Mitteilungen / Berichten aus dritter und vierter Hand, es ist einiges recht spekulativ, dennoch kann man einige Grundsätze herausarbeiten.
Z.B. die Mitnahme von Steigeisen in Zeiten zunehmender Ausaperung - auch ansonsten harmlose kurze Strecken über Blankeis können sehr riskant sein, denn die gleiche Steilheit in Firn und Blankeis sind vor allem aus sicherungstechnischer Sicht völlig anders zu bewerten. Und das gleichzeitige Gehen am Seil (ohne Sicherung an Eisschrauben) ist bei steilerem blanken Eis höchst riskant. Wenn man sich solche Wegstrecken seilfrei nicht zutraut und lieber umkehren würde, dann soll man das angeseilt erst recht tun. Außer, man ist am kurzen Strick des Bergführers, da hat man seine Lebensversicherung direkt hinter sich.

Peter Flux

Ich halte die Diskussion für absolut NICHT überflüssig, gilt es doch, aus solchen Vorkommnissen Lehren zu ziehen. Natürlich basiert fast alles auf Aussagen / Mitteilungen / Vermutungen Dritter, aber einige Grundsätze sind abzuleiten.
Z.B. dass die Mitnahme von Steigeisen bei der zunehmenden Ausaperung zunehmend wichtiger erscheint, dass im Blankeis besondere Vorsicht geboten ist, auch wenn die Steilheit es noch nicht

Georg M. Masarié auf Facebook

Das Thema gehört wirklich ernsthaft, sachlich und ausführlich diskutiert! Halte ich für extrem wichtig auf Grund des voranschreitenden Gletscherschwundes!!

Stefan Wein auf Facebook

Mal noch ein Denkanstoß für die Berichterstattung: Seil+Eisschrauben falls man an eine kritische Stelle kommt? Beim Hochtouren Kurs sind wir so einige Stellen gegangen, ging relativ zügig.

Andreas Gutting auf Facebook

Man sollte wissen auf welche Tour man sich einlässt und sich notfalls eine leichtere aussuchen. Die Berge sind kein Spielplatz, auch wenn sie leider immer wieder so dargestellt werden. Wer sich auf sie einlässt sollte bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. So traurig das manchmal sein kann.

Florian Wallner auf Facebook

Warum sollte die Diskussion überflüssig sein? Andere können was draus lernen und eigene Unfälle verhindern. Und wenn man sich auf beliebten Gletscherbergen umsieht, gibt's nach wie vor viel zu viele, die die Problematik von Mitreißunfällen noch nicht verstanden haben.

Wilhelm Martini auf Facebook

Niemand richtet einen Standplatz ein,wenn man nur kurz über Weiter oder Abbruch redet.Ein sich drehen oder sich nach etwas bücken und man kann schon wie es wohl einem der betagten Herren wohl passiert ist,ausrutschen,das Gleichgewicht verlieren und das Verhängnis ist nicht mehr aufzuhalten.Es ist unmöglich auf glattem steilerem Eis das weiterrutschen auch nur eines Einzelnen aufzuhalten.Jegliche Diskussion ob mit Seil oder ohne ist überflüssig.Auch jede Meinung.Von wem auch immer.

Eberhard Weingarth

Es wäre nicht unwichtig zu erfahren, ob alle, einige oder keiner Steigeisen angeschnallt hatte.

Inge Burkert

Danke, lieber Peter Flux!
Es wäre wirklich wünschenswert, wenn aus schrecklichen Fehlern wie diesen gelernt werden könnte (6er-Seilschaft auf ca. 35 Grad steilem Blankeis)!
Außerdem ist es schlimm, dass in allen Medien Halbwahrheiten und frei Erfundenes verbreitet wird. Niemand konnte hören, ob und was die Gruppe gesprochen hat, die sich zum Unfallzeitpunkt im Aufstieg befand. Die 6 Augenzeugen waren 20 - 50 Meter entfernt. Ich kann das beurteilen, denn ich war eine davon, als dritter Teil einer Gruppe, die vernünftigerweise mit Helm und Handschuhen bekleidet seilfrei ging. Und den Rest meines (Bergsteiger)-Lebens mit diesen schrecklichen Bildern leben muss.

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