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Ötztal - Schnalstal: Das große Bläh

Eine uralte Tradition, die sich wohl seit Jahrtausenden so abspielt: Zwei Mal im Jahr drängen sich riesige Schafherden über die hohen Übergänge zwischen Nord und Süd. Die Luft ist erfüllt von Tausenden von Bläh, von zarten und heiseren, energischen und verzweifelten Stimmen, von den Rufen der Hirten und dem Kläffen der Hunde. ALPIN-Chefredakteur Bene Benedikt war - mit neuer Nikon D800 - dabei!

Ötztal - Schnalstal: Das große Bläh

Mitte Juni ziehen die Schnalser Bauern mit ihren Tieren über die Pässe im Alpenhauptkamm zu ihren Weiden im Venter Tal, oft eine gefährliche Reise über Schnee und Eis. Die Rückkehr im Herbst ist meist einfacher - weil die Wege dann schneefrei sind. So war es auch dieses Jahr, denn der Neuschnee vom 1. September ist inzwischen wieder geschmolzen.

Die Herden sammeln sich am Freitag und Samstag bei Vent. Die (mittlerweile nur wenigen) Hirten, die sie den Sommer über begleiten, und die Bauern treiben sie zusammen und schauen, ob alle fit sind für den langen Weg am Sonntag. Je nach Startpunkt sind es gut 20 Kilometer - "außenrum" auf der Straße wären es 120 Kurven-Kilometer über das Timmelsjoch oder mehr als 250 Schnellstraßen-Kilometer über den Brenner. Die Weidegründe im Venter Tal im hinteren Ötztal gehören tatsächlich den Schnalser Bauern, und das seit alters her, wurde doch das obere Ötztal von Süden her besiedelt.

Im Ziel warten ein großes Festzelt auf die Menschen und viele Pferche auf die Tiere, die gleich nach Besitzern "sortiert" werden. Dabei helfen die Farbpunkte auf ihren Rücken. Vorher müssen aber alle über das 2857 Meter hohe Joch, vorbei an der Schutzhütte Schöne Aussicht ("Hütte des Monats" im aktuellen Oktoberheft von ALPIN). Dort rasten Mensch und Tier.

Die Schafe in einem "virtuellen Pferch" zusammengehalten von vielen Helfern und den kleinen Hütehunden, während die Schäfer in der Hütte einkehren und das traditionelle Mahl des Tages genießen: Lammbraten mit Speckknödel, zusammen ein Viertele Roten. Oder zwei. Und natürlich einen Espresso, schließlich liegt die Hütte schon kurz diesseits der österreichisch-italienischen Grenzsteine, also im heimatlichen Südtirol.

Nur ein kurzes Stück entfernt war Ötzi unterwegs: Der wohl bekannteste Grenzgänger aller Zeiten (nach Reinhold Messner) wurde am Tisenjoch gefunden. Das wären vier Kilometer Luftlinie oder eine Tagestour über Fels und Eis.

ALPIN-Tipp: Kommendes Wochenende ziehen die Schafe übers Niederjoch (3019 m, von Vent über Martin-Busch-Hütte und Similaunhütte nach Vernagt im Schnalstal).

Text und Video: Bene Benedikt

Mehr über den Almabtrieb der Schafe im Schnalstal erfahren Sie hier