Drei Bayern und eine außergewöhnliche Reise

Inside Iran, Teil III

Welches Kontrastprogramm Andreas, Puria und Thomas zum Abschluss ihrer Reise in Teheran erleben, lesen Sie im dritten Teil von "Inside Iran".

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© Andreas Jacob

Wir sind zurück in Teheran, wo wir Purias Vater treffen. Auch Wahed Ravahi lebt schon Jahrzehnte nicht mehr in seinem Geburtsland. Doch lebte er lang genug hier, so hoffen wir, um sich zu erinnern. Puria will die frühere Wohnung seiner Familie finden. Der Zeitpunkt ist günstig, seit sich unter Hassan Rohani die Gesetze für Exiliraner gelockert haben. Vorher hätte Puria als Deutscher kein Visum erhalten. Wäre er mit iranischem Pass eingereist, hätte ihn das Regime zum Militärdienst eingezogen – qua Geburtsrecht, das besagt: Einmal Iraner, immer Iraner, ob du willst oder nicht!

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Wahed, ein rüstiger 78-Jähriger, wundert sich, wie sehr sich "sein" Viertel verändert hat. Ganz Teheran wucherte ja in den letzten 30 Jahren wie ein Krebsgeschwür; aus zwei wurden zehn, manche sprechen von 15 Millionen Bewohnern. Gleichzeitig sind viele Häuser verfallen oder verschwunden, und nicht zuletzt wurden alle Straßen, Plätze und Wege umgetauft. Wird Purias Plan scheitern? Wahed packt der Ehrgeiz. Zumal sich uns – durch das Labyrinth der Großstadt spazierend – ihre verborgene Schönheit offenbart.

© Andreas Jacob

Die Überreste alter, arabischer Baukunst; farbenfroh gekachelter Glanz und Gloria; das Gefeilsche auf einem Bazar. Puria durchlebt ein erstaunliches Phänomen: Er hört Menschen sprechen und versteht sie zwar nicht, doch erkennt er die Worte wieder. Wahed indes quatscht fleißig Leute an. Er konzentriert sich auf Altersgenossen, die schon damals hier gelebt haben müssen, zu Zeiten des Schahs.

Nach acht Stunden erwacht plötzlich Waheds Erinnerung. Diese Häuser hat er doch schon mal gesehen? Ist dies nicht der alte Gemüsemarkt? Tatsächlich stehen wir vor Purias Geburtshaus – und wir erleben das Wunder wahrer Gastfreundschaft. Die früheren Nachbarn, sie leben noch an Ort und Stelle. Das Hallo ist gewaltig. Selbstverständlich haben wir einzutreten! Sofort dampft ein Teekessel, die ganze Familie versammelt sich um uns, kredenzt den obligatorischen Tee und fährt allerlei Süßkram auf. Endlich geleitet uns dann eine laut plappernde Entourage hinüber zur früheren Ravahi-Wohnung, wo die neueste Nachmieterin vollstes Verständnis zeigt für unser Vorhaben.

© Andreas Jacob

Also treten wir ein. Vater und Sohn atmen tief durch und sehen sie sofort vorbeihuschen, die Geister ihrer Vergangenheit. Ja, eindeutig! Dort, in dem Zimmer auf der linken Gangseite, verstreute Puria immer seine Spielsachen; und in jener Wohnzimmerecke schmückte Sepideh den Weihnachtsbaum. Wie wäre es mir wohl ergangen, fragt sich der "Exil-Iraner", wäre ich hier aufgewachsen? Welcher Mann wäre ich heute? Hätte ich die Chance gehabt, mich zu dem Freigeist zu entwickeln, der ich heute bin? Wahed bestaunt indes den Wintergarten, den er eigenhändig gebaut hat. Dass er intakt und gut gepflegt ist, beglückt den alten Mann auf eine Weise, die wohl nur versteht, wer selbst einst Haus und Hof hinter sich lassen musste.

© Andreas Jacob

Die letzten Tage im Iran vergehen wie in glückseligerTrance. Mohammad hat uns eingeladen, bei seiner Familie zu wohnen, um von dort aus noch ein wenig Land und Leute zu erkunden. Wir nächtigen auf einem Lager aus Perserteppichen. Tagsüber bestaunen wir zerklüftete Canyons, wilde Flüsse und Hundertschaften von Iranern, die uns in schrottreifen Kisten links und rechts auf den holprigen Serpentinen überholen. Auch sie treibt es hinaus, ausTeheran, zu gemütlichen Picknicken an der frischen Luft. Ein ums andere Mal hören wir es noch, dieses abgrundtief freundliche "Welcome to Iran". Von Feindschaft ist nichts zu spüren, nicht der Anhauch von Argwohn begegnet uns – nur Lächeln. Und wir lächeln zurück.

Mehr Infos zum Film: www.inside-iran.de.

Mehr Infos zum Fotografen: www.andreas-jacob.com

Text von Christian Topel